Manche nehmen Schicksalsschläge ergeben hin und lassen alles klaglos über sich ergehen. Nicht so Christin aus Haan-Gruiten. Sie will nicht schweigen; sie kämpft. Sie kämpft für Ihre Kinder und das Recht, in diesem Land angstfrei leben zu dürfen. Christin ist die Mutter der beiden 17- und 18-jährigen Brüder, die sich ein hochaggressiver syrischer Jugendlicher als zufällige Opfer am 15. Januar ausgesucht hatte. Beide wurden schwerverletzt, einer hat den Angriff mit der abgebrochenen Bierflasche mit knapper Not überlebt. Denn der Täter hatte eine Schlagader getroffen. Gottseidank kamen schnelle Hilfe und ärztliche Versorgung. Inzwischen sind beide zwar aus dem Krankenhaus entlassen, aber längst nicht wohlauf. -) Der Jüngere kann den Kiefer nicht richtig öffnen und hat obendrein Gedächtnisschwierigkeiten. Er erzählt: Wenn die Wunde sich entzündet, dann drohe Lebensgefahr und er müsste sofort zurück ins Krankenhaus. Der ältere Bruder hat bislang keine Kraft im verletzten Arm und ist traumatisiert.
Was war tatsächlich passiert:
Die beiden Brüder halfen gerade einem Pannenfahrzeug am Straßenrand als der Syrer vorbeikam und den Bürgersteig für sich beanspruchte. Es kam zur Rempelei. Der Täter ging zunächst weiter und kam dann zurück. Der angeblich Dreizehnjährige baute sich nun vor dem älteren Bruder auf, ein Faustschlag mitten ins Gesicht. Wie ein trainierter Kampfsportler sprang der Syrer nach dem Schlag sofort zurück. Die Brüder hatten indessen keine Lust auf eine Auseinandersetzung und wechselten die Straßenseite. Das brachte den „Dreizehnjährigen“ erst recht in Fahrt. Er zerschlug eine Bierflasche, nahm den scharfen, gezackten Flaschenhals als Waffe und verfolgte die beiden in den nahen Park. Die hatten das Klirren hinter sich gehört und versuchten zu entkommen. Der ältere Bruder stolperte, der Syrer stürzte sich über ihn und traktierte ihn mit Hieben, zunächst Richtung Rücken, dann zielte er auf dem Kopf. Die scharfen Scherben drangen durch die Jacke und hinterließen eine tiefe Fleischwunde im Arm. Dann setzte er dem Jüngeren nach, der sich in einen nahen Supermarkt flüchten wollte. Mit aller Kraft warf ihm der Syrer durch die geöffnete Tür des Marktes den Flaschenrest gegen den Kopf; die scharfen Splitter schlitzen Ohr und Schlagader auf; das Opfer ging benommen zu Boden, eine Blutlache breitete sich aus. Der Täter flüchtete. Geistesgegenwärtig leisteten Mitarbeiter des Supermarktes Erste Hilfe und drückten die Schlagader ab um den Blutstrom zu stoppen. Die schnelle ärztliche Hilfe und der sofortige Transport in den Schockraum des Krankenhauses verhinderten Schlimmeres.
Heute, am 28. Januar, habe ich die Familie der Opfer besucht.
Die Mutter, eine zierliche Person, wirkt gefasst. Aber den beiden Brüdern, inzwischen aus der Krankenstation entlassen, steht noch der Schrecken ins Gesicht geschrieben. Der Jüngere, der beinahe verblutet wäre, spricht langsam, kaum hörbar. Wie ängstlich irren seine Blicke umher. Ja, er fürchte sich auf die Straße zu gehen. Die Asylunterkunft, in der die vielköpfige Familie des Täters untergebracht ist, liegt gerade mal drei Gehminuten entfernt. Der „13-jährige“ Syrer wurde nämlich nach der Festnahme und kurzer Vernehmung noch am gleichen Tag wieder freigelassen. Denn nach dem deutschen Gesetz gilt man in dem Alter noch als strafunmündiges Kind, egal was und wieviel man bereits auf dem Kerbholz hat. Und der Syrer hatte als Mitglied einer Jugendbande, welche seit Monaten die ganze Gegend in Angst und Schrecken versetzt, schon eine beachtliche kriminelle Karriere absolviert.
Aber dann tauchte doch vor einigen Tagen ein Dokument auf, das den vermeintlich 13-jährigen ein Jahr älter machte. Zum Glück. Denn nun konnte er in Haft genommen werden. Die unmittelbare Gefahr, dass der Täter seine Opfer ein zweites Mal heimsucht ist damit vorerst gebannt. Aber auch die vierzehn Jahre sind immer noch unglaubwürdig für einen Mann von mit ca. 1,75 Meter Körpergröße und kräftigen Bartstoppeln. Christins Familie, ursprünglich aus Niedersachsen, ist erst vor wenigen Jahren nach Gruiten gezogen. Bislang fühlten sie sich wohl in ihrer neuen Umgebung, trotz der Kriminalität rund um den Bahnhofsbereich. Der ansässige Blumenladen, Post und Supermarkt wurden von Einbrechern heimgesucht; rund um den Bahnhof ist die Polizei regelmäßig im Einsatz.
Aber jetzt hat es die Familie selbst getroffen. Es ist vorbei; jetzt ist die Angst ein ständiger Begleiter. Christin will nicht nur Gerechtigkeit für sich und ihre Kinder. Sie kämpft für Schmerzensgeld und Schadensausgleich. Bei der Familie des Täters in der Asylunterkunft wird wenig zu holen sein. Sie will diejenigen zur Verantwortung ziehen, die es erst soweit kommen ließen. Ämter, Behörden, Institutionen, alle die tatenlos zugesehen haben wie angeblich Minderjährige ihr Unwesen trieben und immer noch treiben. Sie kämpft auch für diejenigen, denen gleiches widerfahren ist. Sie will mit wissenschaftlichen Methoden das wahre Alter des Täters feststellen lassen. Und warum eigentlich haben Zwölf- und Dreizehnjährige in Deutschland als angeblich unmündige Kinder selbst für die widerwärtigsten Straftaten einen Freibrief?
Christin will auch dafür kämpfen, dass ihre Kinder in diesem Land eine Zukunft haben sollen. Eine Zukunft, die frei ist von Sorgen und Ängsten um das eigene Wohl und die körperliche Unversehrtheit. Ist das zu viel verlangt?
Das fragt sich Bernd Ulrich
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