0f070afeae-Dirk%20Driesang„Offener Brief von Dirk Driesang an Björn Höcke München, 18.01.2017

Sehr geehrter Herr Höcke,

gegen Parteietikette verstoßend und die Gefahr einer Rüge durch den Konvent gegen mich in Kauf nehmend, habe ich mich dafür entschieden, Ihnen einen offenen Brief zu schreiben. Ich tue dies, weil ich wütend bin und weil ich zu Ihrer Rede, die Sie am 17.1.2017 in Dresden gehalten haben, nicht schweigen kann.

Sie sollten entweder Ihre gestrige Dresdener Rede (hier: https://www.youtube.com/watch?v=cGY80zpL1po) vollständig und nachhaltig zurücknehmen und sich zukünftig zugleich in Ihrem Wirkungsraum streng auf Thüringen beschränken, oder Sie sollten die Partei Alternative für Deutschland verlassen. Nehmen Sie dabei möglichst viele von jenen, die Ihnen am 17.1.2017 in Dresden oder an den Monitoren nicht aus Verführung und in Verführbarkeit sondern voller innerer Überzeugung zugejubelt haben, mit.

Falls es Ihr Ansinnen gewesen sein sollte, die AfD im Westen deutlich unter 10 % zu drücken und bundesweit zu diskreditieren, so – das fürchte ich – haben Sie mit dieser Rede einen guten Teil der Strecke zurückgelegt. Sie benutzen eine Sprache und eine Rede, die auf den Müllhaufen der Geschichte gehört, Sie verführen ein offenbar überwiegend junges Publikum zu einer Stimmung und zu Ansichten, die in einer parlamentarischen Demokratie keinen Platz haben sollten. Ganz bestimmt aber hat beides keinen Platz in der AfD. Was Sie im übrigen teilweise inhaltlich korrekt wiedergeben, verpacken Sie solcherart in einem unappetitlichen Umschlag, dass kein vernünftiger Mensch den Inhalt noch essen möchte oder verdauen könnte.

Ziehen Sie die Konsequenzen, ändern Sie sich oder gehen Sie; ersparen Sie der Partei eine elendigliche Quälerei im Wahljahr!

Sie greifen inhaltlich zwei ehemalige Bundespräsidenten, die suchend und möglicherweise ja auch irrend ihren Weg gegangen sind, auf eine Art an, dass es mich anwidert. Sie sagen, diese hätten die Menschen „heimtückisch hinters Licht geführt“. Als daraufhin aus dem Auditorium „Volksverräter“-Rufe gegen diese beiden ehemals höchsten Vertreter der Republik, von denen einer vor kurzem erst verstarb, laut werden, lassen Sie das bezeichnenderweise unkommentiert.

Sie prangern die „Etablierten“ an, indem Sie sagen „es gibt keine Alternative im Etablierten“, wohlwissend, dass es in einer parlamentarischen Demokratie und in einem hierarchischen System, wie auch unser Nationalstaat immer eines sein wird, immer Eliten und somit auch Etablierte geben muss. Ausdrücklich an die Junge Alternative (JA) gerichtet äußern Sie: „Ich möchte, dass Ihr Euch im Dienst verzehrt.“ Es liege ein langer und entbehrungsreicher Weg vor der JA aber auch vor der Gesamtpartei, der Weg aber würde zu einem „vollständigen Sieg“ führen.

Das, sehr geehrter Herr Höcke, ist eine absolute Sprache, eine Sprache, die Angst bereitet und die auf den Müll der Geschichte gehört.

Sie fordern eine 180 Grad Wende bei der Erinnerungskultur und bezeichnen das Denkmal „im Herzen Berlins“ als „ein Denkmal der Schande“, Sie sprechen in dem Zusammenhang von „dämlicher Bewältigungspolitik“. Wie kann man sich, noch dazu als Geschichtslehrer, so unverantwortlich zu unserer jüngsten Geschichte äußern und so sehr „das Kind mit dem Bade ausschütten“ wie Sie es tun?

Sie geben Ihren „Thüringer Weg“ einer „fundamentaloppositionellen Bewegungspartei“ als den Weg aus, den angeblich alle AfD Landesverbände zu gehen hätten, und Sie wiederholen die geschichtsvergessene Gleichsetzung der DDR Diktatur mit der jetzigen Republik, bezeichnen Parlamentarier als Apparatschiks und setzen Merkel und Honecker in eins.

Sehr geehrter Herr Höcke, wir leben nicht in einer Diktatur! Und was eine Bewegungspartei, über das Reden mit den „einfachen Leuten“ und das Organisieren von Demonstrationen hinaus, noch sein soll, kann mir kein Mensch erklären. Entweder man ist „Teil einer Bewegung“, wobei sich einem geschichtlich interessierten Menschen bereits bei dieser Wortwahl die Haare sträuben, oder man ist eben Mitglied einer Partei, die sich im Wettbewerb mit anderen Parteien innerhalb des parlamentarischen Systems möglichst gut und möglichst fair durchsetzen möchte. Dazwischen gibt es nichts. Also treffen Sie bitte Ihre Entscheidung.

Mit freundlichen Grüßen

Dirk Driesang

Mitglied im Bundesvorstand der Alternative für Deutschland“

https://m.facebook.com/driesang.afd