Die Erlebnisse zweitägiger Beratungen im Haupt- und Finanzausschuss machen uns als Neulinge im Mettmanner Rat sprach- und fassungslos.

Mettmann erwirtschaftet seit Jahren strukturelle Haushaltsdefizite und steht aktuell erneut vor einem rechnerischen Fehlbetrag von annähernd 5 Millionen Euro. Und dass, obwohl man eine Erhöhung der Grundsteuer B um 300 Prozentpunkte mit rund 5 Millionen Euro sowie die Isolation corona-bedingter Finanzschäden von rd. 8,4 Millionen Euro bereits eingerechnet hat. Das tatsächliche Defizit beträgt also nicht 5, sondern mehr als 18 Millionen Euro. Dass man sich angesichts solcher Zahlen noch eine Gesamtschule von ca. 45 Millionen leistet, setzt allem die Krone auf. Lösungsansätze? Bislang Fehlanzeige. Erst der massive Widerspruch Mettmanner Bürger gegen die geplante Erhöhung der Grundsteuer sowie die angedachte Schließung oder Beeinträchtigung der Musikschule brachte die Mehrheitsfraktionen nun dazu, die Stadtverwaltung zur Überarbeitung ihres Haushaltsentwurfs aufzufordern. Ein Teilaspekt darf dabei aus unserer Sicht nicht unerwähnt bleiben:  Während man bis dato den Bürgern die Erhöhung der Grundsteuer B  auferlegen wollte und – nebenbei bemerkt – den Besuchern des Naturfreibads ein um 1 Euro (sic) erhöhtes Eintrittsgeld abnehmen will, stießen Vorschläge auf moderate Erhöhung der Gewerbesteuer auf taube Ohren. Die Begründung ist so einfach wie empörend: Wie oben dargestellt, wird der ermittelte Haushaltsfehlbetrag um die in den Ergebnisplan als außerordentlicher Ertrag einzustellende, corona-bedingte Haushaltsbelastung rechnerisch  reduziert. Erhöhungen der Gewerbesteuer würden nach Aussage der Kämmerei die pandemiebedingten Sondereffekte ermäßigen, so dass im Ergebnis das ermittelte Defizit unverändert bliebe. Das kann man mit einem Kreditnehmer vergleichen, der auf Gehaltserhöhungen verzichtet, damit er nicht in Versuchung kommt, seine Schulden schneller als geplant zu tilgen.

Da offenbar alle anderen Fraktionen bereit sind, derartig abstruse Konstrukte zu tolerieren, gibt es in dieser Sache zumindest einen Gewinner, nämlich die Gewerbetreibenden, die mit einem unveränderten Hebesatz rechnen dürfen.